Hakuna Matata

Ich steige in die S-Bahn ein , mein Tag war echt Scheisse und meine Gefühlslage ist dementsprechend. Meine fetten Kopfhörer über meinen Ohren signalisieren meiner Umwelt: „Lass mich in Ruhe!“ Dabei schaue ich mir meine Mitreisenden an, die meisten senden auf ihre Weise das gleiche Signal. „Lass mich in meiner Welt“ Einige Lesen, tatsächlich auch echte Bücher. Die weitaus meisten starren auf den Bildschirm in ihrer Hand und wirken vollkommen weggetreten. Anderen wiederum gelingt es sehr eindrucksvoll mir diese Botschaft nur mit ihrem Gesichtsausdruck zu vermitteln. Die Oma gegenüber schaut mich mit diesem „Fürsorglichkeits- Blick“ an wie ihn nur Omas drauf haben… Sie scheint irgendwie Anteil zu nehmen…

Doch das kümmert mich grade wenig. Viel zu viel habe ich mit mir selbst zu tun, grübele, denke nach, hadere mit dem Schicksal und mache mir innerlich vorwürfe. „Zum glück habe ich meine Kopfhörer mit“ denke ich mir. Ich mag Musik. Musik hilft mir dabei mich wieder gut fühlen zu machen. Tolle Geschichten mag ich auch , am liebsten tolle Geschichten mit toller Musik. Kennst du die Geschichte „Der König der Löwen“? Ich liebe Sie und habe die Musicalversion auf meinem Iphone immer dabei. Einige Stücke daraus haben für mich eine spezielle Bedeutung und sind ein wahnsinnig guter Ankerpunkt für meine guten Gefühle.

Ich schließe meine Augen und ertaste den Playknopf auf dem Verbindungskabel zwischen dem Telefon und meinen Kopfhörern.

„Hakuna Matata, what a wonderful phrase“ höre ich und sehe Timon und Pumba vor meinem geistigen Auge durch den Dschungel tanzen. „Hakuna Matata ain`t no passing craze. It means : No worries for the rest of your days… it`s a problem free philosophy.. Hakuna Matata“

Ich blinzle und drücke impulsiv auf stop.

„Hakuna Matata“ sage ich zu mir … „es bedeutet : Du hast keine Sorgen mehr für den Rest deiner Tage“. Sofort hab ich ein verträumtes Lächeln auf meinem Gesicht.“ Ach das ist doch tooootal unrealistisch“ höre ich eine Stimme in mir sagen und meine kleine Seifenblase zerplatz. „Sorgen und Probleme gehören nun mal dazu und das Leben ist kein Ponyhof!“ fügt sie hinzu. Ich öffne die Augen. „Aber warum liegt dann hier Stroh?“ Frage ich mich, Seitdem ich mich mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftige weiss ich , dass diese Stimme – manche nennen Sie den „Inneren Kritiker“- alles torpediert was ICH SIE torpedieren LASSE. Aber jetzt lasse in diesen Inneren Kritiker nicht mehr zu Wort kommen, sondern steige zurück in meine Gedanken.

„Keine Sorgen für den Rest deiner Tage“ Coole Vorstellung, oder? Doch was sind denn meine Sorgen und Probleme die ich so habe? Im Normalfall sind es meine Herausforderungen des Alltags die mir die Chance geben zu wachsen und zu lernen. Mich an ihnen auszuprobieren und mich daran zu erfreuen, dass ich die nächste Herausforderung gemeistert hab ist doch auch ein Teil des Alltags, oder nicht?

„Ich will Sorgen haben und ich will Probleme!“ denke ich mir und mein „innerer Kritiker“ wird auf einmal zum Motivator. „Ich will Probleme, aber ich will jeden Tag neue!“ „Hui, des war n toller Satz, den solltest du dir besser aufschreiben“ kommentiere ich meinen Inneren Dialog. „Ja jeden Tag neue Herausforderungen find ich toll!“ Doch dazu muss ich auch jeden Tag neue Lösungen finden die wahrscheinlich jetzt noch nicht zu meinem Standartrepertoire gehören. „Jaaa du verrückte Welt. Spiel mit mir und lass mich an dir wachsen und mich entwickeln.“ Schreie ich in mich hinein und beobachte grinsend wie mein Sitznachbar zum 3. Mal an seinem Candy Crush Level scheitert und frustriert zu Facebook wechselt. „Mit geschlossenen Augen hats mir besser gefallen.“ denke ich mit mittlerweile schon geschlossenen Augen.

„Hakuna Matata“… Neee nicht bis ans Ende meiner Tage, sondern für den Rest meines Tages! Für den Rest eines jeden Tages. Hakuna Matata, der Zeitpunkt wo ich meinen Stift fallen lasse, meinen Text geschrieben, alle notwendigen Dinge organisiert und gemeistert habe. Dieser Moment in dem ich weiß : „Für heute ist das Grübeln vorbei“

Ich öffne meine Augen wieder und spüre ein fettes Grinsen auf meinem Gesicht. Die Oma gegenüber schaut extrem verwirrt. Doch es ist mir egal, denn die Bahn hält und ich will aussteigen. Als ich aufstehe und Richtung Ausgang gehe sehe ich eine Mutter mit ihrem Sohn auf dem Arm. Mein Blick wandert zu dem Knirps und bleibt bei ihm hängen. Der kleine ist so eine richtige Brasilianische Frohnatur von vielleicht 2-3 Jahren. Große Augen, stupsnase und braune locken bis zu den Ohren. Richtig schnuckelig halt. Mit einem breiten Lachen im Gesicht hält er jedem der vorbeigeht seine kleine Hand zum „High Five“ hin. „Du hast ne ganze Menge verstanden, mein kleiner Freund“ denke ich mir während ich beobachte wie der Typ 2 vor mir ihn ignoriert. Die kurze Enttäuschung in seinem Gesicht wird sofort von der Hoffnung auf den nächsten Kandidaten abgelöst. Und dem hält er noch energischer seine kleine Pranke hin. „Danke für diese Demonstration mein kleiner“ grinse ich weiter in mich hinein und mir wird wieder bewusst, dass Chancen und Möglichkeiten sich verhalten wie Berliner U-Bahnen. Wenn ich eine verpasst hab kommt meistens in 3 Minuten die Nächste. Der Typ vor mir starrt auf sein Smartphone und bemerkt die Freundschaftsanfrage auf Augenhöhe erst gar nicht. Wieder sehe ich, wie sich Enttäuschung auf dem Gesicht meines zukünfitgen Brasilianischen Freundes breit machen will. Doch jetzt bin ich an der Reihe. Von seinen vorherigen Erfahrungen geprägt mustert er mich skeptisch und bleibt bei meinem Lachen hängen. Sofort fangen seine Augen an zu glänzen und sein Ärmchen schnellt in die Höhe. . Bäämmm- Meine Hand schlägt ein und umschließt die Seine. Der kleine Kerl jauchtz und schlägt nochmal auf meine Hand. Sie ist immer noch oben und er haut nochmal drauf. Am liebsten würd ich ihn noch 10 minuten auf meine Hand hauen lassen. Doch ich gehe weiter und trete, begleitet von einem lauten Kinderlachen auf den Bahnsteig. Sofort spüre ich die Sonne auf meiner Haut und hole tief Luft. „Hakuna Matata“ murmele ich vor mich hin und fühle mich richtig gut. Bis morgen liebe Sorgen, dann seid ihr hoffentlich auch alle wieder da… Oder noch besser, schickt mir eure großen Brüder. Für heute aber hat das Grübeln ein Ende!!

Hakuna Matata 🙂